Mit den Jahren wird aus Geschichten Geschichte – und wenn es 92 Jahre sind wie bei Oma Elli im Kirchheimerhof, dann kommen leicht einmal 1001 Geschichten zusammen. Oder auch mehr. Und wenn sie erst zu erzählen beginnt, mit ihrem ureigenen, einzigartigen Humor, dann bleibt kein Auge trocken. 1960 haben Elli und Otto Hinteregger beschlossen: „Wir werden Gastgeber!“ Ausgangspunkt war die seit dem 15. Jahrhundert bestehende Graierhube „im Kray“, wie der Ortsteil mit dem traumhaften Panorama damals hieß. Schon bald wussten Einheimische und Gäste, was sie an Elli hatten. Die gelernte Köchin und Konditorin auf der einen und Otto, der Wirt mit Leib und Seele auf der anderen Seite. „Jo, wir zwei…“ lacht sie, und ihre Augen funkeln verschmitzt. Erinnerungen blitzen auf.
Die Mama wird´s schon richten
Es schmeckte bei der Elli.
Es schmeckte so gut, dass viele bleiben wollten. Also wurden die ersten Gästezimmer eingerichtet.
Immer mehr Leute kamen auf den Geschmack, der Kirchheimerhof wuchs. Und die Mundpropaganda gründete sich auf ausgekochte Spezialitäten, die es so nur bei der Oma Elli zu verkosten gab. Was heißt: verkosten? Ein Erlebnis war und ist es, sich bei Lamplbratl (wir dürfen übersetzen: Lammbraten), perfekt gekrendelten Kärntner Kasnudeln oder beim Apfelstrudel in die Geheimnisse der Kärntner Küche zu vertiefen. „Ois varrot i nit!“ grinst Oma Elli … „Alles verrate ich nicht!“.
Immer wieder wollen Feinschmecker von ihr die Rezepte bekommen. Die Seele des Kirchheimerhofes bleibt standhaft. Und es würde auch nicht viel bringen - die wesentlichen sind nicht in Worte zu fassen. Liebe und Leidenschaft. Und nicht zuletzt Jahre, Jahrzehnte an Erfahrung. Beispiel: Ellis legendäre gelbe Suppe. Enkelin Anna wollte sich daran versuchen. Hatte der Oma schon oft zugeschaut beim Kochen. „No, dann schauma amol! („Dann sehen wir mal!“) gab Elli schließlich nach und weihte Anna in die Geheimnisse der goldgelb leuchtenden Suppe ein. Einfach das Rezept nachkochen? Falsch vermutet - wer bei einem 1001sassa in die Lehre gehen will, muss tiefer graben. Nach etlichen Stunden, nach oftmaligem Verkosten kam schließlich für Anna der kulinarische Ritterschlag von Oma Elli: „Jo geht a wohl!“ („Geht so…“) Lob kommt ihr nicht leicht über die Lippen.
Hinter dem Kirchheimerhof steht viel harte Arbeit, man hat immer viel verlangt von sich und von den Anderen. So entsteht Qualität, die höchsten Ansprüchen genügt. Und es braucht auf der anderen Seite den tief im Herzen sitzenden Mutterwitz, den trockenen Humor, um das Leben auch zu genießen. Sohn Gerald und Schwiegertochter Sigrun bleiben nicht verschont, wenn am Tisch der Tag besprochen wird. Elli nimmt mit ihren neun Jahrzehnten voll Anteil am Geschehen im Hotel und zögert nicht, launig zu kommentieren, was ihr nicht gefällt. „Wann endlich die Wiesen gemäht werden? Wie’s Anna mit den Tieren geht? Oder Sigrun im Garten?“ Oma Elli - ein erfülltes Leben.
Das Hotel gegründet, daneben immer der Bauernhof. Erst in 1990ern der erste Urlaub, zusammen mit anderen Wirtsleuten. Das Meer, Konstantinopel … eine andere Welt. Elli nimmt’s gelassen: „Was soll’s, schön is’ bei uns genauso!“